Qigong: Prävention, Therapiebegleitung und Rehabilitation

Der chinesische Begriff Qigong (Qi Gong) – gesprochen Tschi Gung – steht für Arbeit (gong) und Lebensenergie (qi). Arbeit ist dabei im Sinne von Training zu verstehen: Man trainiert, die körperliche, seelische und geistige Lebensenergie zu aktivieren und harmonisieren. Dies geschieht durch die gleichzeitige Schulung von
a) langsamen körperlichen Bewegungen oder gezielten Ruhepositionen,
b) Atemtechniken
 und
c) Imagination bzw. Bewusstheit/Achtsamkeit.

Qigong: Prävention, Therapiebegleitung und Rehabilitation

Qigong kann sowohl zur Gesunderhaltung als auch in der Therapie oder Rehabilitation eingesetzt werden.

Es ist in den letzten Jahren auch in Deutschland immer bekannter geworden. Das Angebot an Qigongkursen unterschiedlicher Qualität ist deutlich gestiegen, die Gesetzlichen Krankenkassen unterstützen ihre Versicherten als Präventionsangebot im Bereich Entspannung bei der regelmäßigen Teilnahme an einem zertifizierten Qigongkurs mit einem finanziellen Zuschuss.

Auch in deutschen Rehabilitationskliniken gibt es inzwischen häufig Qigong. Dies ist eher als Schnupperangebot zu verstehen, da es zeitlich in der Regel sehr beschränkt ist, führt aber oft dazu, dass Patienten danach an ihrem Wohnort Qigong erlernen wollen.

Außerdem findet Qigong inzwischen von Zeit zu Zeit in der Onkologie als therapiebegleitendes Gruppenangebot erfolgreich Eingang. Eine von mir durchgeführte Studie zum „Einfluss des Qigong auf die Lebensqualität onkologischer Patienten“ zeigt eine deutliche Reduktion von Atemproblemen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Verstopfung, Schmerz, Übelkeit/Erbrechen und Fatigue. Signifikante Verbesserungen betreffen aber nicht nur körperliche, sondern auch kognitive, soziale und vor allem emotionale Funktionen: Besonders zu nennen sind hier Konzentration/Denken/Gedächtnis sowie die psychische Verfassung (Sorgen, Anspannung, Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit).[1]

Bedauerlicherweise wird bisher Qigong im Bereich der Individualtherapie nur selten eingesetzt. Dies liegt sicher unter anderem auch daran, dass es inzwischen viele Qigong-Kursleiter, aber fast keine Qigong-Therapeuten gibt.
Qigong individualtherapeutisch zu nutzen, setzt anderes Wissen und andere Erfahrung voraus als das Unterrichten fester Übungsformen. Es hat jedoch hier sowohl im Bereich einer körperorientierten als auch psychotherapeutischen Therapie umfangreiche Einsatzmöglichkeiten und ist gerade auch in Kombination mit Akupunktur und chinesischer Arznei sehr wirkungsvoll.

Am besten sollte in einem solchen Fall eine fachgerechte TCM-Diagnose voraus gehen. Sie bildet die Grundlage für ein differenziertes, individuell für den Patienten erstelltes Qigong-Programm.

Besonders wirkungsvoll ist in diesem Fall, dass nicht versucht wird, Qigong (als elementarer Bestandteil der chinesischen Medizin) als Antwort auf eine westliche Diagnosestellung zu sehen (z.B. Asthma, Brustkrebs, Depression, Angst- oder Panikstörung), sondern Diagnose und Therapie damit nach der TCM direkt aufeinander abgestimmt sind.

Außerdem erweitert sich so die passive, empfangende Rolle des Patienten (Yin) (Akupunktur, Tuina, Einnahme von Medizin – schon aktiver beim eigenen Kochen von Teerezepturen) mit dem Yang des Selbst-Agierens. Das Bewusstsein von Achtsamkeit und Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit sowie für die eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Gesundheit steigen. Das Üben verhilft auch dazu, die anderen Methoden der TCM wie die Akupunktur besser zu verstehen und durch die Weiterentwicklung der eigenen inneren Haltung am Gesundungsprozess mitzuwirken.

Elementar ist, dass eine fachgerecht aufeinander abgestimmte Kombination der verschiedenen TCM-Methoden wie Akupunktur, Tuina, Phytotherapie, Ernährung sowie Qigong die Heilungserfolge positiv beeinflusst. Qigong kann hier auch dazu verhelfen, Behandlungserfolge mittel- und langfristig zu stabilisieren.

Auch im Bereich der Psychotherapie ist Qigong  – so bisher in Deutschland noch sehr wenig genutzt – meiner Erfahrung nach sowohl diagnostisch als auch therapeutisch im Sinne einer Körperpsychotherapie in Rückkopplung mit gesprächstherapeutischen Interventionen sehr wirksam und beschleunigt deutlich Therapieerfolge.[2]

1)[1]Vgl. hierzu u.a. Schmauser C/ Kilian D/ Fischer M: „Einfluss des Qigong auf die Lebensqualität onkologischer Patienten“, in: Forum. Offizielles Magazin der Deutschen Krebsgesellschaft, 4 (2012), Bd. 27, Springer Medizin, 287-291; Zeng Y /Luo T/ Xie H: „Health benefits of qigong or tai chi for cancer patients: a systemativ review and meta-analyses,“, in: Complementary Therapies in Medicine, 22 (2014), 173-186.

[2]2) Vgl. u.a. Hammer L: Psychologie & Chinesische Medizin. Zukunftsweisende Erkenntnisse über das energetische Zusammenspiel von Emotionen und Körperfunktionen, Sulzberg 2000.

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